SEX

KULT um den KÖRPER

Brustmuskeln – dick wie Putenkeulen. Pobacken – hart und rund wie Äpfel. Ein Bauch, auf dem mann Möhren reiben kann: Warum finden wir Adonis bloß so geil? Und was sagt das übers schwule Selbstwertgefühl?

Tom hat alles,was ein Adonis braucht. Die Hälfte seines Aussehens wurde ihm in die Wiege gelegt. Für die restlichen fünfzig Prozent tut er eine Menge: viermal wöchentlich Muckibude, gesunde Ernährung, zusätzlich Radfahren und Volleyball. Na ja, ein paar Pillen zum Nachhelfen, aber über die spricht er eigentlich nur im Kreise derer,die auch Pillen fressen. Natürlich erntet er jeden Tag jede Menge Blicke, mal neidisch, mal gierig, meist eine Mischung aus beidem. Komisch nur: Die Aufmerksamkeit, die andere sich erträumen, findetTom zunehmend lästig. Er fühlt sich von den Blicken ausgezogen und irgendwie spürt er, dass sie nicht wirklich ihm gelten. Nicht dem Menschen Tom mit seinem Traum von Irland und dem Wunsch, Produktdesigner zu werden, sondern nur der Verpackung aus Haut und Muskeln. Das macht ihn misstrauisch gegenüber jedem, der sich für ihn interessiert. Innerlich ist Tom zunehmend einsam.

Marcel auch. Und äußerlich kann er nichtmithalten. Selbstwenn er sich anstrengt, will aus seinem Bauch kein Sixpack werden. Und für einen V-förmigen Rücken ist sein Becken einfach entschieden zu breit. Zum Adonis wird er nie werden. Über Leute wie Tom reißt Marcel Witze. Aber über Bildern von Leuten wie Tom holt sich Marcel abends einen runter, nachdem die Freunde gegangen sind und sich in der Bar wieder mal niemand für ihn interessiert hat.

Scheiß-Körperkult also. Nützt keinem außer den Pharmakonzernen, den Sportstudiobetreibern und der Pornoindustrie. Warum können wir uns nicht davon befreien? Tatsächlich sitzen wir längst in so was wie der Adonis-Falle.

Evolutionsbiologen sagen, unsere Sucht nach dem Adoniskörper hat sogar genetische Ursachen. Muskelbodys sind demnach etwas, worauf unser Sexualtrieb anspringt,weil wir dahinter Potenz und Gesundheit vermuten. Und obwohl schwuler Sex nicht der Fortpflanzung dient, sind wir doch so programmiert, als wollten wir durch den Sex mit Muskeltypen deren Fitness an unsere Nachfahren weitergeben.

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Sex-Autor und DU&ICH-Redakteur Dirk Ludigs schreibt an dieser Stelle Monat für Monat über schwulen Sex und beantwortet deine Fragen!

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